March 31, 2020
Wie ist der aktuelle Stand bei Versicherungen im Hinblick auf deren Digitalisierungsvorhaben und mit welchen Herausforderungen sehen sich die Unternehmen im Zusammenhang mit dem digitalen Wandel konfrontiert? Die sechste Befragung des Expertennetzwerks Insight, das wir gemeinsam mit den Versicherungsforen Leipzig betreiben, beschäftigte sich mit eben diesen zentralen Fragen – mit dem Ergebnis, dass mit der digitalen Transformation nicht nur ein Wandel der Kundenanforderungen, sondern auch eine enorme Erneuerung in der IT- und Prozesslandschaft einhergeht.
Es ist nicht allzu überraschend, dass sowohl die Versicherer als auch die Dienstleister das Thema Digitalisierung als sehr relevant für die Assekuranz in den kommenden drei Jahren bewerten. Der Druck, bestehende Prozesse zu automatisieren und diese sowohl schneller als auch kostengünstiger zu gestalten, ist weiterhin sehr hoch. Die Einsicht über die Relevanz des Themas ist bei allen Befragten vorhanden, aber wie sieht denn eigentlich der aktuelle Stand der Umsetzung aus? Die Mehrheit der Versicherer gab mit 55 Prozent an, dass die Digitalisierung mittlerweile fester Bestandteil der Geschäftsstrategie ist. Im Vergleich dazu schätzen allerdings die Dienstleister die Integration als wesentlich geringer ein als die Versicherer. Mit rund 70 Prozent vertritt die große Mehrheit der Dienstleister die Ansicht, dass in den Versicherungsunternehmen noch keine übergreifende Strategie vorhanden ist, sondern vielmehr nur einzelne digitale Projekte umgesetzt werden. Offensichtlich gibt es beim Status quo einen großen Unterschied zwischen Fremd- und Selbsteinschätzung.
Im Hinblick auf die Digitalisierung der einzelnen Arbeitsbereiche geben die Befragten an, dass der Beratungs- und Verkaufsprozess sowie die Vertrags- und Bestandsverwaltung bereits stark digitalisiert sind. Großer Nachholbedarf besteht in den Bereichen Produktentwicklung, Underwriting und interne Verwaltung.
Als die drei wichtigsten Gründe für die Durchführung von Digitalisierungsvorhaben werden die Chancen auf eine Steigerung der Effizienz der Prozesse, die Reaktion auf den steigenden Kostendruck und die Forderung der Endkunden nach digitalen Produkten und Dienstleistungen genannt. Die letztgenannte Motivation zeigt, dass der Druck, sich zu digitalisieren nicht nur von innen kommt, sondern auch die Kunden zunehmend nach einer Digitalisierung des Unternehmens verlangen. Als besonders relevant für die Interaktion von Versicherungsunternehmen mit ihren Kunden sehen die Befragten das lückenlose Serviceerlebnis über alle Kanäle hinweg. Weitere wichtige Themen der Kundeninteraktion sind unter anderem der Onlineabschluss von Versicherungen, die Echtzeitinformationen zum Bearbeitungsstatus und Kundenanfragen über Kontaktformulare auf der Webseite. Vielen dieser Prozesse ordnen die Dienstleister eine höhere Relevanz zu. Dies zeigt, dass diese dem Digitalisierungsprozess in der Kundeninteraktion insgesamt eine höhere Dringlichkeit beimessen als die Versicherungsunternehmen selbst.
Trotz der unterschiedlichen Einschätzung wollen die Versicherer vor allem eines mit der Digitalisierung erreichen: verbesserte Kundenprozesse. Denn im digitalen Zeitalter haben sich Kundenverhalten und -erwartungen tiefgreifend verändert. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist ein Umdenken an allen Kundenschnittstellen erforderlich und neue strategische Ansätze müssen umgesetzt werden. Mit neuen digitalen Projekten erhoffen sich die Versicherer zudem eine Erhöhung der Prozessgeschwindigkeit (84 Prozent) und langfristige Preis- und Kostenvorteile (61 Prozent). Als weniger realisierbar erscheinen den Versicherern und Dienstleistern Vorteile wie die Erschließung neuer Geschäftsmodelle außerhalb des aktuellen Geschäfts (44 Prozent) oder die Kompensation des Fachkräftemangels in der Assekuranz (26 Prozent).
Um Vorteile mithilfe ihrer Digitalisierungsvorhaben erreichen zu können, müssen sich die Versicherungsunternehmen allerdings noch einigen Herausforderungen stellen. Vor allem bestehende Altlasten in der IT machen der Assekuranz zu schaffen. Die meisten deutschen Versicherer kämpfen mit ihren bestehenden Legacy-Systemen, die nicht flexibel genug sind, um dynamisch auf Veränderungen zu reagieren. Eine weitere Herausforderung der Digitalisierung ist die fehlende Kompetenz beziehungsweise der Mangel an benötigten Fachkräften. Die Einschätzung dieser Hürde fällt allerdings sehr unterschiedlich bei den Befragten aus – 81 Prozent der Dienstleister empfinden den Fachkräftemangel als große Herausforderung, wohingegen nur 57 Prozent der Versicherer die Situation als problematisch einschätzen. Dass die Digitalisierung für den Großteil der Unternehmen nicht einfach ist, zeigen die Ergebnisse der Befragung. Nur ein kleiner Anteil von 1,8 Prozent sieht im digitalen Wandel keine Herausforderung.
Senior Manager Corporate Communications