July 11, 2024

Leadership Fatique

Mindset und Aufgaben der Führung von selbstorganisierten Teams

Führung

Der Spagat der Führung zwischen klassischen Hierarchien und selbstorganisierten Teams ist oft insbesondere für das mittlere Management herausfordernd. Führungskräfte sollen in volatilen Zeiten Orientierung geben, ihre Teams zusammenhalten und im Fachkräftemangel Verstärkung finden, unter Unsicherheit richtig entscheiden und priorisieren, die Performance sicherstellen und die Transformation des Unternehmens als Multiplikatoren und Vorbilder vorantreiben.

Sie stehen unter Druck, wenn sie in zwei Richtungen kommunizieren – nach oben und nach unten. Führungskräfte sind zunehmend überlastet. Eine Art Führungsmüdigkeit macht sich breit. Die steigende Arbeitslast führt dazu, dass Führung zunehmend als belastende, nicht erstrebenswerte Aufgabe wahrgenommen wird. Unternehmen haben insbesondere in der jungen Generation Schwierigkeiten, Personen zu finden, die eine Führungskarriere einschlagen möchten.

Kernaufgaben von Führung selbstorganisierter Teams

Führung zwischen Hierarchie und Selbstorganisation benötigt:

  • das WHY: Orientierung geben und Mitarbeitende bei der Zielfindung unterstützen
  • das HOW: Sicherheit über das (Vor-)Leben der gemeinsamen Werte geben
  • das WHAT: Weiterentwicklung und Selbstreflexion fördern.

Abbildung: Führungsverständnis selbstorganisierter Teams im Golden Circle.

WHY - Orientierung geben und Mitarbeitende bei der Zielfindung unterstützen


Wenn alle wissen, wo es hingeht (Vision) und wofür sie dorthin gelangen möchten (Zweck, Purpose), fällt es leichter zu entscheiden, was dafür getan werden muss. Damit bildet ein gemeinsames langfristiges Ziel eine grundlegende Voraussetzung für agile Arbeitsweisen. Bei hoher Komplexität des Umfeldes und kontinuierlicher Unsicherheit durch ständige Veränderungen bietet die Ausrichtung auf gemeinsame Ziele Orientierung und Sicherheit.

Eine Aufgabe von Führungskräften ist es, ihren Mitarbeitenden eine verlässliche Orientierung zu geben. Sie zeigt auf, wohin sich das Unternehmen entwickeln soll und welche Rolle jeder einzelne Mitarbeitende dabei spielen kann.

Die gemeinsame Erarbeitung der Vision in beispielsweise einem Zielbild-Workshop oder mit Hilfe eines Visions-Zeitstrahls schafft Identifikation mit der geteilten Vision. Als Coach unterstützt die Führungskraft anschließend die einzelnen Mitarbeitenden darin, aus der Vision die persönliche Rolle und Ziele zu definieren.

HOW - Sicherheit über das (Vor-)Leben der gemeinsamen Werte geben


In der modernen Arbeitswelt, die von schnellen Veränderungen geprägt ist, rückt das existenzielle Grundbedürfnis der Sicherheit in den Vordergrund. Klassische Hierarchien, starre Zielvorgaben und detaillierte Prozesse geben Menschen in Unternehmen Orientierung und Sicherheit. Doch diese werden in Transformationsprozessen aufgebrochen.

Die Veränderungen des bekannten Gefüges lösen bei Mitarbeitenden Unsicherheiten aus: Woran soll ich mich halten? Eine Aufgabe der Führung ist es, während des Abbaus dieser äußeren Strukturen die Kultur des Unternehmens zu stärken. Dazu können Führungskräfte unter anderem Transparenz zu Entscheidungen, Vertrauen in Mitarbeitende bei der Verteilung von Verantwortung und den Aufbau von Kompetenzen nutzen.

Indem Führungskräfte geteilte Werte als wahrnehmbare, aber nicht explizit sichtbare Elemente einer Kultur durch ihr Handeln vorleben, ermöglichen sie psychologische Sicherheit. Vorgelebte Werte funktionieren wie Spielregeln. Sie geben uns eine Vorstellung von einer wünschenswerten Zusammenarbeit und grenzen unerwünschtes Verhalten ab.

WHAT - Weiterentwicklung und Selbstreflexion fördern


Eine Aufgabe von Führung in agilen Teams ist, „[…] das Potenzial und die Kreativität derjenigen zum Vorschein zu bringen und zu fördern, die unsere Organisationen ausmachen – nämlich der Mitarbeitenden.“ (Dark Horse Innovation, 2023, S. 297). Anhand der Lernspirale nach Kolb Erfahrungen reflektieren und daraus lernen, Altes verlernen und Neues erlernen, sind wichtige Anpassungsstrategien in sozialen Systemen, die in volatilen Umwelten agieren.

Je besser Teams selbst lernen und sich an neue Situationen anpassen können, desto besser sind sie auf sich schnell verändernde Bedingungen und plötzlich eintretende Krisen vorbereitet. Damit ist eine Führungsaufgabe das Schaffen eines Lernklimas für lebenslanges und aktives Lernen – die Fähigkeit, aus eigenen Erfahrungen zu lernen und Verknüpfungen zu bestehendem Wissen herzustellen.

Führungskräfte fördern das Lernklima eines Teams, indem sie die Selbstreflexion der Mitarbeitenden bestärken. Das Stellen von Fragen im Sinne einer coachenden Haltung sowie das aufmerksame Zuhören sind zwei methodische Ansätze zur Förderung der Selbstreflexionsfähigkeit. Um Mitarbeitende beim Reflektieren zu unterstützen, müssen Führungskräfte sich und ihre Wirksamkeit selbst regelmäßig reflektieren. Denn ihre Erwartungshaltung gegenüber einem Mitarbeitenden beeinflusst ihr Handeln gegenüber diesem.

Das Handeln der Führungskraft wirkt sich auf das Selbstbild des Mitarbeitenden aus,wobei dieses Selbstbild wiederum Ursache für das Handeln des Mitarbeitenden ist. Mit seinen Handlungen bestärkt der Mitarbeitende die Erwartungshaltung der Führungskraft. Dieser Wirkungskreislauf wird Pygmalion-Effekt genannt und zeigt die Wichtigkeit der Reflexion von Erwartungen, Einstellungen und Glaubenssätzen von Führungskräften gegenüber ihren Mitarbeitenden auf. Dafür benötigen Führungskräfte „[…] die Fähigkeit, über das eigene Denken nachzudenken, dieses zu bewerten und gegebenenfalls zu verändern […]“ (Dark Horse Innovation, 2023, S. 297).

Abbildung: Lernspirale nach Kolb in Anlehnung an Bruckschen & Op gen Oorth (2022).

Unsere Welt ist VUKA – volatil, ungewiss, komplex und mehrdeutig. Zum Umgang mit diesem Phänomen braucht es eine andere Art zu entscheiden, zu planen, sich zu organisieren und zu führen. Führungskräfte werden von Delegierenden und Verwaltenden zu Coachs und Inspiratoren. Dabei schaffen Führungskräfte für ihr Team eine Umgebung, die es ihm ermöglicht, eigenständig zu arbeiten, gute Entscheidungen zu treffen und sich selbst weiterzuentwickeln.

Dazu gehört eine klare Orientierung im Sinne einer Vision und eines gemeinsamen Zwecks, das (Vor-)Leben der geteilten Werte und das Schaffen einer Lernkultur durch das Anregen von Selbstreflexion. Grundlage ist eine eigene klare innerliche Haltung, die Führungskräfte wiederum durch das eigene Reflektieren ihrer Handlungen, Glaubenssätze und Erwartungen erhalten können. Die Fähigkeit zur Selbstreflexion ist ein entscheidender Faktor für selbstorganisierte Teams und deren Führung.

Quellen und weiterführende Informationen:

Bruckschen & Op gen Oorth, 2022

Homma & Bauschke, 2015

Hofert, 2018

Breidenbach & Rollow, 2019

Dark Horse Innovation, 2023

Melina

Leading Designer Innovation & Culture

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