January 5, 2023

Klassifikation von Innovationen

Innovationsgegenstand und Innovationsgrad verständlich erklärt

Innovationsprozess

Produktentwicklung

Innovation steht für Neuerung oder Erneuerung – doch wie neu eine Innovation tatsächlich ist, liegt oft auch im Auge des Betrachters. Der Begriff ist sehr vielseitig und wird in vielen verschiedenen Zusammenhängen verwendet. Doch mit Blick auf den Innovationsgegenstand und den Innovationsgrad ergeben sich unterschiedliche Innovationsarten, die den Rahmen bilden, in dem sich das Innovationsmanagement bewegt.

Der Innovationsgegenstand

Die international anerkannten Professoren Joe Tidd und John Bessant stellen in ihrem Standardwerk „Managing Innovation: Integrating Technological, Market and Organizational Change“ fest, dass Innovationsmanagement keine exakte oder vorhersehbare Wissenschaft, sondern ein Handwerk sei. Ihr Modell der „Vier Dimensionen des Innovationsraums“ (im Original „Four Dimensions of Innovation Space“ oder auch „4 Ps of innovation space“) ist das etablierte Modell zur Darstellung der verschiedenen Ausprägungen von Innovationen. Das Modell definiert vier ansteuerbare Dimensionen von Veränderung und Innovation und setzt diese in Beziehung zueinander (siehe Abbildung).

Modell zur Darstellung der vier Dimensionen des Innovationsraums
Abbildung: Modell zur Darstellung der vier Dimensionen des Innovationsraums

Die Dimensionen, die jeweils eine Messbreite von inkrementell bis radikal aufweisen, lauten: „Produkt/Service“, „Prozess“, „Position“ and „Paradigma“.  

  • Produkt- oder Serviceinnovationen sind neue oder signifikant verbesserte Produkte oder Dienstleistungen. Ein Beispiel für eine Produktinnovation ist das iPhone von Apple.  
  • Prozessinnovationen sind neuartige oder signifikant weiterentwickelte Produktions- oder Liefertechniken. Diese Innovation kann technischen Ursprungs sein, aber auch eine Software oder einzelne Bestandteile innerhalb des Prozesses betreffen. Eine Prozessinnovation ist zum Beispiel die Einführung von PayPal als Zahlungsmittel.  
  • Positionsinnovation ist die Änderung des Kontextes, in denen Innovationen eingeführt werden. Von diesem Begriff machen Tidd & Bessant Gebrauch, wenn sie auf das Eröffnen beziehungsweise Erschließen von Märkten abzielen.  
  • Paradigma-Innovation ist die Veränderung in den zugrundeliegenden mentalen Modellen/Paradigmen, die das Handeln einer Organisation kennzeichnen. Dieser Begriff wird in Bezug auf Geschäftsmodellinnovationen verwendet. Solche Innovationen gehen über bloße Produkt- und Prozessinnovationen hinaus und ermöglichen Neuerungen an der gesamten Wertschöpfungsarchitektur. Bekannte Beispiele sind der Wandel von IBM von einem Rechnerhersteller zu einem IT-Dienstleister sowie Netflix und Spotify, über die man Zugang zu Kinofilmen und Musik hat, ohne physische Medien wie DVDs kaufen zu müssen.

Eine Innovation kann gleichzeitig mehrere Innovationsgegenstände betreffen – hier gibt es keine klare Abgrenzung. Beispielsweise kann eine Produktinnovation gleichzeitig auch eine Prozessinnovation sein – wie zum Beispiel Innovationen in der Softwarebranche. Innovationen der einen Dimension bringen darüber hinaus oft auch Veränderungen für die anderen mit sich.    

Der Vorteil des „Vier Dimensionen des Innovationsraums“ Ansatzes ist, dass er vier Kategorien, die Innovation und Veränderung beeinflussen, aufzeigt und mit den jeweils zugeordneten Messskalen inkremental-radikal nicht nur ein einfaches Checkinstrument zur Positionsbestimmung der eigenen Organisation, sondern auch ein Tool zur Einordnung beliebiger Best Practice-Cases an die Hand gibt.

In den meisten Unternehmen wird vorwiegend Produktinnovation systematisch betrieben. Im Idealfall sollte aber Innovation in allen Bereichen und durch alle Mitarbeiter umgesetzt werden.  

Der Innovationsgrad

Der Innovationsgrad definiert, wie „neu“ eine Innovation ist. Er ermöglicht die Einstufung von Innovationen hinsichtlich ihres technischen Fortschritts und der Neuigkeit für den Markt. Der Innovationsgrad ist eine der wichtigsten Kenngrößen aus dem Innovationsmanagement und ermöglicht es, Innovationen differenziert dazustellen und mit anderen zu vergleichen. Der Innovationsgrad ist stark von der Branche und dem Produktsegment abhängig. Junge Unternehmen haben tendenziell einen höheren Innovationsgrad als alteingesessene Unternehmen.  

Generell unterscheidet man zwischen inkrementellen und radikalen Innovationen:  

  • Als inkrementelle Innovationen werden Veränderungen bezeichnet, die sich durch einen geringen Innovationsgrad auszeichnen, wie zum Beispiel kleinere Verbesserungen an bestehenden Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen. Es sind also nur punktuelle Veränderungen beziehungsweise Weiterentwicklungen des State of Art. So können unter anderem der Nutzen für die Kunden optimiert, Kosten reduziert, Anpassungen zur Einführung in neue Märkte oder an neue Gegebenheiten wie neue Gesetze und Normen durchgeführt werden. Inkrementalinnovationen erfolgen meist auf bestehenden beziehungsweise umkämpften Märkten und in bekannten Anwendungsgebieten. Sie schaffen also keinen neuen Markt, sondern der Markt wird entweder durch Innovationen erweitert oder durch Innovationen in Nischenprodukte aufgeteilt.
  • Innovationen, die echte Durchbrüche sind, werden als radikale Innovationen bezeichnet. Sie zeichnen sich durch einen hohen Innovationsgrad aus und rufen einschneidende Veränderungen hervor. Es handelt sich dabei um neue, revolutionäre oder bahnbrechende Produkte, Technologien oder Märkte. Durch radikale Innovationen können neue Geschäftsfelder erschlossen werden, die manchmal mit den bisherigen Aktivitäten des Unternehmens auf den ersten Blick wenig gemein haben (z. B. Walkman, Post-its). Radikale Innovationen schaffen meist neue Märkte und verdrängen damit andere. Beispiele dafür sind das Automobil, das die Pferdekutsche verdrängt hat oder aber auch iPads und Tablets, welche den klassischen Desktop PC und Laptop verdrängen.

Die Klassifikationen von Innovation zeigen, anhand welcher Kriterien man Innovationen voneinander unterscheiden oder einordnen kann. Diese Unterscheidungen sind wichtig, um die Innovationstätigkeit von Unternehmen vergleichbar zu machen.

Auch, wenn die oben angeführten Unterscheidungen sich in der Praxis manchmal schwer abgrenzen lassen und theoretisch erscheinen, ist das Verständnis dafür eine notwendige Voraussetzung, um den Innovationsprozess Unternehmen zu verstehen.

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