January 20, 2023
Der Fachkräftemangel und die Schwierigkeit, geeignete Bewerber zu finden, zwingt Unternehmen dazu, ihr Recruiting anzupassen. Wie das aussehen kann, darüber haben wir mit Silvana Schödel und Daniela Reinert von der KVM ServicePlus Kunden- und Vertriebsmanagement GmbH gesprochen.
Silvana: Im täglichen Arbeiten haben auch wir diese Entwicklungen deutlich an sinkenden Bewerbungseingängen und der Qualität der eingehenden Bewerbungen gespürt. Ab einem bestimmten Punkt war deshalb klar, dass wir grundlegende Dinge anfassen mussten.
Außerdem hat die Pandemie den Recruiting-Prozess und die Erwartung der Bewerber verändert. Was gestern noch selbstverständlich persönlich vor Ort passierte, war plötzlich nur noch digital möglich. Entsprechend haben wir unseren Recruiting-Prozess an vielen Stellen neu ausgerichtet, weg von Stellenausschreibung hin zu Online-Anzeigen und auch unsere Bewerbungsgespräche sowie Assessment-Center haben wir in Online-Formate überführt.
Dank dieser Anpassungen ist unser Recruiting-Prozess sowohl pandemiesicher als auch deutlich schneller und flexibler als früher. Davon profitieren wir. Denn wenn wo es viele offene Stellen gibt, ist nicht nur das Angebot selbst wichtig. Es ist auch entscheidend, dass man als erstes Unternehmen wahrgenommen wird und Interesse weckt.
Daniela: Dieses Interesse wollen wir dann im weiteren Verlauf halten und bestenfalls steigern. Deshalb sind Bewerbungsgespräche für uns ein Kennenlernen auf Augenhöhe.
Entsprechend kommunizieren wir in den Gesprächssituationen auch. Auf diese Weise wollen wir einen Rahmen schaffen, in dem die Bewerber möglichst authentisch sein können und auch uns so wahrnehmen. Beide Seiten sollen wissen, woran sie beim Gegenüber sind. So zielen auch unser Online-Assessments genau auf die Softskills ab, bspw. Team- und Serviceorientierung, die es braucht, um in unserem Tätigkeitsfeld erfolgreich zu sein.
Schließlich geht es darum, den Grundstein für eine vertrauensvolle, möglichst langfristige und erfolgreiche Beziehung zu legen. Natürlich schildern wir im Recruiting Bewerbern unsere Mitarbeiter-Benefits, wir möchten aber auch, dass sich die Bewerber für uns entscheiden, weil sie spüren, dass unser Unternehmen mit seiner Kultur und seinem Geschäftsfeld zu ihnen passt.
Denn in Zeiten von Fachkräftemangel bewerben sich vor allem die Unternehmen bei potenziellen Mitarbeitern und nicht mehr umgekehrt.
Silvana: Ein guter Mix ist uns hier wichtig. In den letzten beiden Jahren haben wir die meisten Bewerber über Online-Stellenportale, wie indeed und HeyJobs erreicht.
Zusätzlich sind soziale Medien wie Facebook oder LinkedIn immer wichtiger, um einen ersten Eindruck vom Unternehmen zu vermitteln, komplettiert durch eine moderne Website.
Digitale Versionen der altbewährten Karrieremesse bieten gute Möglichkeiten, mit Bewerbern in Kontakt zu kommen. Natürlich setzen wir aber auch weiter auf klassische vor-Ort-Maßnahmen wie Werbung auf Bussen oder Straßenbahnen in der Region sowie LED-Anzeigen an unseren Standorten. Allerdings ergänzen wir diese gern durch spannende Guerilla-Aktionen, wie z. B. temporäre Graffitis in der Fußgängerzone.
Daniela: Wenn man Stellenausschreibungen betrachtet, findet man in der Kategorie ‚Wir bieten‘, gern die bekannten Obstkörbe und Kicker-Tische. Daran ist grundsätzlich nichts falsch. Das sind nette Aufmerksamkeiten seitens des Arbeitgebers. Leidenschaftliche Begeisterung dürften sie aber bei den meisten Bewerbern nicht mehr auslösen.
In vielen Branchen haben die Mitarbeiter in den letzten zwei Jahren aufgrund der Pandemie vermehrt im Homeoffice gearbeitet. Das hat ihnen neue Möglichkeiten eröffnet, ihren Alltag zu strukturieren, um Beruf und Privatleben miteinander zu vereinbaren. Das möchten viele nicht mehr missen. Für Unternehmen ergeben sich daraus neue Möglichkeiten und Herausforderungen.
Um als Arbeitgeber attraktiv zu sein, gilt es heute einmal mehr, Mitarbeitern attraktive Möglichkeiten zur Weiterentwicklung anzubieten, vor allem aber auch die Option mobil und mit flexibler Zeiteinteilung zu arbeiten, wo immer machbar. Gleichzeitig ist es nach wie vor wichtig, dass Mitarbeiter eine Bindung zum Unternehmen aufbauen und sich mit ihm identifizieren können. Das beginnt schon bei Eintritt.
Aus diesem Grund sind Dinge wie ein guter Onboarding-Prozess elementar. Mitarbeiter sollen während der gesamten Zeit, in der sie im Unternehmen sind, erleben können, dass sie Teil des Teams sind und sie mit ihren Anliegen gehört werden, egal ob sie gerade vor Ort oder vom heimischen Schreibtisch arbeiten. Dazu gehört es auch, ein Wir-Gefühl für alle im Unternehmen erlebbar zu machen. Das kann einerseits bei klassischen Veranstaltungen wie Firmenfesten oder Sport-Events passieren, bei denen man sich in Person trifft. Andererseits ist es gerade nach der Erfahrung der letzten zwei Jahre wichtig, auch digitale Formate zu entwickeln, mit denen man Gemeinschaft erlebbar macht, z. B. digitale Adventskalender oder Gewinnspiele für die Mitarbeiter. Diese Erfahrung muss für die Mitarbeiter konsistent bleiben, bis sie das Unternehmen verlassen.
Deshalb braucht es nicht nur ein professionelles Onboarding, sondern auch ein entsprechendes Offboarding. Denn egal warum sich die Wege von Unternehmen und Mitarbeitern trennen, der Abschied sollte immer respektvoll, wertschätzend und wohlwollend sein.
Zu den Personen:
Daniela Reinert
BWL-Studium mit Schwerpunkt Personal und Marketing, diverse Weiterbildungen Personal/Coaching, seit 07/2021 als Strategische Recruiterin bei KVM+GA
Silvana Schödel
Bürokauffrau, seit 09/2015 bei der KVM+GA, seit 2018 Jahren Operative Recruiterin bei KVM+GA