July 6, 2023
Wettbewerbsmechanismen, Organisationsstrukturen und Arbeitsgestaltung – Aufgrund des schnell voranschreitenden technologischen Wandels verändern sich Organisationen immer mehr. Die digitale Transformation ist hierbei ein wesentlicher Treiber der organisatorischen Veränderung.
Daneben hat COVID-19 diese technologische Transformation weiter verstärkt. Denn diese zwang Organisationen sich schnell auf digitale Arbeits- und Geschäftsmodelle umzustellen und sich an die veränderten Bedingungen anzupassen.
In diesem Zusammenhang spielen Führungskräfte eine zentrale Rolle für eine erfolgreiche Umsetzung digitaler Transformationsstrategien, da sie beispielsweise die Anpassung von Organisationsstrukturen und -prozessen vorantreiben und bei den Mitarbeitenden eine positive Einstellung zur Digitalisierung fördern.
Um Unternehmens- und Personalführung in der digitalen Transformation zu beschreiben, entstand in der Literatur der Begriff der „digitalen Führung“ (Digital Leadership).
Dieser Blogbeitrag konzentriert sich darauf, welche Fähigkeiten eines "Digital Leader" einen positiven Einfluss auf Organisationen ausüben, um Dienstleistungsinnovationen zu entwickeln. In Kontexten der digitalen Transformation gilt diese Fähigkeit als relevant für das Erzeugen und Halten von Wettbewerbsvorteilen.
Generell gibt es keine einheitliche Definition von Digital Leadership. Eine Konzeptualisierung liefern Eberl und Drews (2021). Digitale Führung kann demnach als ein komplexes Konstrukt betrachtet werden, dass auf ein kundenzentriertes und digital-befähigtes Geschäftsmodell abzielt.
Daneben basiert dieses Konstrukt auf drei Ebenen der Veränderung: Zunächst ist eine Veränderung der Rolle, der Fähigkeiten sowie des Führungsstils einer Führungskraft notwendig. Weiter wird eine digitale Organisation, einschließlich Governance, Vision, Werte, Struktur, Kultur und Entscheidungsprozesse, benötigt. Schließlich sollen Personalmanagement, virtuelle Teams, Wissen sowie Kommunikation und Zusammenarbeit auf individueller Ebene angepasst werden.
Digital Leader sollten Fähigkeiten besitzen, die anhand drei verschiedener Kapitale kategorisiert werden können: Das persönliche Kapital eines Digital Leader bezieht sich auf Persönlichkeitsmerkmale und Führungskompetenzen. Dagegen beschreibt das soziale Kapital zwischenmenschliche Aspekte in Bezug auf Verhaltensweisen und Rollen gegenüber Mitarbeitern und Teams umfasst. Das organisatorische Kapital beschreibt schließlich veränderte kollaborative und strukturelldie ein Digital Leader verfolgt, umorganisatorische Agilität zu fördern.
Die Literatur unterscheidet bei der Fähigkeit zur Dienstleistungsinnovation u.a. das Erfassen von Nutzerbedürfnissen, die Konzeptualisierung und Skalierung einer Dienstleistung, sowie das kontinuierliche Lernen und Anpassen hierauf.
1. Persönliches Kapital
Während der digitalen Transformation sind vor allem, wie Empathie und Offenheit oder Anpassungsfähigkeit und Vertrauen entscheidend.
Bezogen auf Dienstleistungsinnovationen haben Persönlichkeitsmerkmale Einfluss auf das Erfassen von Nutzerbedürfnissen und technologischen Optionen sowie auf die Konzeptualisierung einer Dienstleistung.
Um die Veränderungen der digitalen Transformation zu bewältigen, sind Führungskompetenzen im Sinne von digitaler Kompetenz, Selbstbewusstsein und Entwicklung, Kommunikation, strategisches Denken sowie Umsetzung als relevant einzustufen. Darüber hinaus haben Führungskompetenzen einen starken Einfluss auf das Lernen und Anpassen gegenüber der respektiven Dienstleistungsinnovation, wenn diese auf dem Markt verfügbar sind.
2. Soziales Kapital
Im Kontext der digitalen Transformation werden Verhaltensweisen, wie zum Beispiel transformationale und demokratische Führungsstile wichtiger. Diese beiden Stile sind insbesondere beim Lernen und Anpassen während der Erprobung einer Dienstleistungsinnovation essentiell.
In Bezug auf die gewünschten Rollen sollen digitale Führungskräfte vor allem als Coaches, Mentor:innen, Sinngeber:innen und Navigator:innen auftreten. Nicht nur während der digitalen Transformation sind diese Rollen gefragt, sondern auch, wenn es um die Skalierung von Dienstleistungsinnovationen geht.
3. Organisatorisches Kapital
In Bezug auf neue Ansätze der Zusammenarbeit sticht vor allem die Förderung von Partizipation, Ergebnisorientierung sowie kontinuierliches Lernen und Anpassen heraus. Diese können, bezogen auf Dienstleistungsinnovationen, besonders die Erfassung von Nutzerbedürfnissen und Konzeptualisierung positiv beeinflussen.
Angesichts der strukturellen Ansätze, die Digital Leader verfolgen können, werden vor allem flache Hierarchien, agile Methoden, digitale Werkzeuge sowie digitale Arbeitsmodelle als relevant bewertet. Für den Kontext der Dienstleistungsinnovationen haben die strukturellen Ansätze vor allem auf die Konzeptualisierung einer solchen einen positiven Einfluss.
Zusammenfassend bezeichnet Digital Leadership ein multi-dimensionales Konstrukt, das sowohl strategische als auch operative Aspekte umfasst. Um diese Ebenen optimal zu adressieren, sollte ein Digital Leader über Fähigkeiten auf der persönlichen, sozialen und organisatorischen Ebene verfügen und diese Fähigkeiten kontextspezifisch einsetzen.
Bei Interesse an weiterführenden Informationen zu diesem Thema, ist das entsprechende Paper hier abrufbar.
Über die Autor:innen:
Timo Brunner – Wissenschaftlicher Mitarbeiter am LF Gruppe Lehrstuhl für Digitale Innovation in Dienstleistungsbranchen an der HHL und am Center for Leading Innovation and Cooperation
Tobias Schuster – Externer Doktorand am LF Gruppe Lehrstuhl für Digitale Innovation in Dienstleistungsbranchen an der HHL und Management Consultant
Prof. Dr. Claudia Lehmann – Inhaberin des LF Gruppe Lehrstuhl für Digitale Innovation in Dienstleistungsbranchen an der HHL und Executive Director am Center for Leading Innovation and Cooperation