June 18, 2019
Wer kennt es nicht: Man hat Fragen zu seiner Versicherung oder möchte sich generell dazu informieren, hat aber bei dem Gedanken daran schon keine Lust auf die ewige Warteschleife, die einem droht, wenn man den Kundenservice vieler Unternehmen zur Hilfe ziehen möchte.
Chatbots sollen diesem zeitlichen und nervlichen Aufwand ein Ende bereiten und den Kunden schnell und einfach alle wichtigen Informationen per Chat vermitteln und am besten noch den individuellen Kommunikationsbedürfnissen nachkommen. Doch ob das auch wirklich in der Praxis funktioniert, lest ihr im folgenden Blogbeitrag.
Dafür wurden vier Chatbots aus diversen Bereichen ausgewählt, getestet und unter die Lupe genommen.
Der Reiseassistent der ARAG führt den Kunden durch das Angebot an Reisversicherungen, stellt grundlegende Informationen zu den Versicherungsmöglichkeiten bereit und ermöglicht einen direkten Vertragsabschluss. Den Service gibt’s direkt auf der Website, aber auch im Facebook Messenger.
Die Konversation mit dem Chatbot läuft durch die vordefinierten Antwortflächen in den meisten Fällen strukturiert und schnell ab. Die Antworten kommen sofort ohne lange Wartezeiten. Die wichtigsten Links, wie zur Terminabsprache vor Ort oder zur Buchung des ausgewählten Pakets auf der Website, werden direkt vermittelt. Insbesondere der Einsatz von Emojis und GIFs lockern die Unterhaltung auf.
Problematisch zu handhaben sind Sonderfälle oder explizite Fragen zu einem bestehenden Vertrag, da es nicht möglich ist, eine Texteingabe auszuführen. Vielmehr werden vorgefertigte Optionen gegeben (Textbausteine), anhand derer sich der Nutzer durch die Angebote navigieren kann. Eine freie Interaktion ist nicht möglich.
Daher eignet sich der Bot exzellent für grundlegende Fragen, wie die Beitragshöhe. Aber im Einzel- oder Spezialfall ist doch der Rückgriff auf Service vor Ort oder per Telefon notwendig.
Einen ganz neuen Ansatz stellt der Chatbot Allie der Allianz dar. Er ermöglicht potenziellen Bewerbern nach Stellenanzeigen zu suchen. Dafür kann man seine Wünsche hinsichtlich vieler Kriterien äußern, wie beispielsweise die Standorte, den Arbeitsbereich, aber auch seinen momentanen Status (Student, Absolvent, etc.). Allie ist ausschließlich über den Facebook Messenger verfügbar.
Auch Allie stellt vorgegebene Antwortmöglichkeiten zur Verfügung und ist daher relativ simpel zu bedienen. Die Antworten erscheinen nach kurzer Zeit.
Für einen ersten Überblick ist das sehr hilfreich. Es gibt jedoch keinen Raum für individuelle Anliegen. Nach zwei durchgespielten Szenarien konnten leider keine passenden Stellenangebote vorgeschlagen werden. Weiterhin muss man bei jeder neuen Anfrage den Chat erneut starten, was das Ganze etwas in die Länge zieht.
Die Idee an sich ist sehr gut und nimmt den Interessierten die Suche über andere Portale ab. Allerdings ist es im Prinzip nur ein Job-Filter, wie er auch auf der Website angeboten wird. Hier zeigt sich definitiv noch Verbesserungspotenzial in Bezug auf die Hilfestellung und Interaktion.
Der Chatbot der UNIQA steht für eine Reihe von verschiedenen Leistungen zur Verfügung. Neben allgemeinen Fragen zu bestehenden oder neuen Verträgen kann man ebenso seinen Schaden melden oder sich die Prämie seiner Krankenversicherung berechnen lassen. Auch dieser ServiceBot ist direkt auf der Website der UNIQA zu finden.
Die Eingabe erfolgt über vordefinierte Schaltflächen, ähnlich wie bei Allie und dem Reiseassistenten. Was direkt aufgefallen ist: Die Antworten des Chatbots erscheinen in diesem Kontext wesentlich ausführlicher. Beim Anklicken eines Themas erhält man direkt Informationen zum Vertrag, den Leistungen und dem Preis – einen umfangreichen Gesamtüberblick. Hier haben die Reaktionszeit und Qualität der Antworten am meisten überzeugt, wenn man sich vor Augen führt, dass das alles über künstliche Intelligenz geführt wird, aber täuschend echt ist.
Einziges Manko ist hier die Darstellung, besonders die Größe des Chatfensters. Dieses befindet sich unten in der rechten Ecke der Website. Die Fläche ist jedoch relativ klein, sodass man sehr häufig hoch- und runterscrollen muss und leicht den Überblick verliert. Das tut der Qualität des Ganzen aber keinen Abbruch.
Im Vergleich zu den Chatbots wurde auch der Messengerdienst der Wiener Städtischen getestet. Dieser ist direkt auf der Website eingebettet und reagiert flexibel auf das jeweilige Verhalten des Nutzers. Die Stärken liegen in der Unterstützung bei der Organisation von persönlicher Beratung, der ersten Kontaktaufnahme mit dem Kundenservice und einer allgemeinen Beratung, die es Kunden ermöglichen soll, das passende Produkt zu finden.
Im Unterschied zu den meisten Chatbots ist bei diesem eine individuelle Texteingabe möglich. Es gibt keine standardisierten Fragen und daher auch keine standardisierten Antworten, sondern eine auf den Nutzer zugeschnittene Hilfestellung. Obwohl der Dienst nicht auf künstlicher Intelligenz gestützt ist, sondern manuell von Beratern abgetippt wird, kommen die Antworten recht zügig und überraschend ausführlich. Das einzige Manko ist, dass einem sehr schnell ein Beratungsgespräch angeboten wurde. Bei erneuter Nachfrage wurden aber auch alle Fragen direkt per Chat beantwortet.
Nach den gesammelten Chat-Erfahrungen können wir sagen, dass Chatbots wirklich eine kundenfreundliche und schnelle Lösung sind, um sich zu informieren. Wir haben in Bezug auf den Entwicklungsstand zwar viele Unterschiede festgestellt, aber jeder Chatbot ist dahingehend schon auf einem guten Weg. Es bleibt für uns alle sehr spannend, welche Rolle die Chatbots in Zukunft übernehmen werden. Eines ist jedenfalls sicher: Es wird uns den Zeitaufwand zur Informationsbeschaffung verringern und die Handhabung sowie Zettelwirtschaft in vielerlei Hinsicht erleichtern.
In unserer Innovationswerkstatt vom 25. bis zum 27. Juni 2019 widmen wir uns diesem Thema noch ausführlicher.