January 20, 2021
Letzte Woche haben wir euch bereits in die Welt von UX, UI und Usability eingeführt und euch versprochen, dass wir diese Woche tiefer in verschiedene Methoden einsteigen, die wir in diesem Zusammenhang nutzen und die sich als besonders sinnvoll herausgestellt haben. Los geht es also mit unseren Top-5-Methoden im Bereich Usability.
Ein Produktinterview/-test kann in einem frühen Stadium der Entwicklung mit den Zielgruppenvertretern durchgeführt werden. Ein Prototyp ist dabei noch nicht notwendig, da das Ziel die Klärung einzelner Aspekte ist, die rund um das Produktkonzept an sich relevant sind. Dies können sein:
Hierzu wird oft eine Form des teilstrukturierten Interviews genutzt, welches sich über Szenarien, ähnlich einer Focus-Group, definiert. Weiterhin können einzelne andere Methoden, wie das semantische Differenzial und Rankings über Legetechniken als auch Design von Produktmerkmalen (Templates), eingesetzt werden.
Da Produktinterviews oftmals zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingesetzt werden, tragen die Ergebnisse maßgeblich zur Validierung des Konzeptes bei und sollten unbedingt iterativ eingearbeitet werden.
Wireframing und Paper-Prototyping geben einen ersten visuellen und haptischen Eindruck über die Abfolge und die Funktionsinhalte/-anordnung des Produktes. Details und ein ausgereiftes Design sind nicht Bestandteil dieser Methoden. Während das Wireframing seine Stärke in der Simulation und Konzeption der Interaktionsreihenfolge über erste Interaktionselemente ausspielen kann und den Entwicklern als Werkzeug zur Anordnung von Bedienschritten und essentiellen Bedienelementen dient, kann mit dem Paper-Prototype schon eine erste Interaktion, entsprechend einer zu definierenden Aufgabe, mit dem Nutzer durchgeführt und getestet werden.
Dabei sollte der Paper-Prototype schon in ein sehr abstraktes, aber erkennbares Nutzerdesign (z.B. iPhone-Templates, iPad-Templates etc.) überführt sein. Auch die Nutzung des Paper-Prototypes in der nachempfundenen Nutzungsumgebung und -situation trägt zur genaueren Evaluation der Ergebnisse bei. Dabei nutzt der Tester die stilisierten Elemente, Textbausteine und Abfolge der einzelnen papierbasierten Funktionsabfolgen, wobei der Testleiter die Interaktionsabfolge immer wieder an den Nutzer gibt. Dies erfolgt oftmals durch einen Austausch der jeweils nächsten Papierskizzen der jeweiligen Ansicht innerhalb des Produktes/Wireframings.
Mit den Methoden kann schnell herausgefunden werden, ob die Interaktionsabfolge und die Nutzungsschrittabfolge sinnvoll sind, die Bedienelemente und Eingaben einer gewissen Usability gereichen, der Nutzer das Wireframing, also die Funktionsabfolge annimmt, Interaktionselemente in den jeweiligen Nutzungssituationen funktionieren und ob zusätzliche Nutzerwünsche vorliegen.
Ein semantisches Differential bietet sich an, wenn ich einzelne Designs oder auch Inhalte im Erscheinungsbild bewerten möchte. Hierbei bewertet der Proband je ein Design anhand einer bipolaren Skala (meist gleichabständige zehn-stufige Skala) von genau entgegengesetzten Attributen (Adjektiven) sehr schnell und ohne viel drüber nachzudenken, damit die Erscheinung und das Wirken des Designs bewertet werden kann. Dabei kann aktiv darauf hingearbeitet werden, einzelne Attribute zu minimieren und andere zu maximieren (z.B. emotionale Aufladung bei Lifestyle-Produkten).
AttrakDiff geht dabei, in Bezug auf UX und Usability, noch einen Schritt weiter und lässt die Einordnung der Designwirkung auf den Probanden in verschiedene Zielframes zu. Das heißt, es lässt sich mit einer Berechnung der pragmatischen und der hedonistischen Qualität aussagen, ob der Proband ein Design als überflüssig oder begehrt einschätzt.
So lassen sich Produkte und Services im Erscheinungsbild vergleichen (auch in Bezug auf den Markt), auf ein Zielbild matchen oder in ein Ranking einordnen.
Zur Messung einer Service-Qualität kann die standardisierte Methode des ServQual eingesetzt werden. Über fünf Dimensionen werden die Zuverlässigkeit, Leistungskompetenz, Annehmlichkeit des materiellen/physischen Umfelds, Einfühlungsvermögen und Reaktionsvermögen über einzelne gleichabständig skalierte Fragen abgefragt und sollen zu einer Einschätzung der Dienstleistungsqualität führen. Wichtig ist dabei, dass es sich nicht um eine absolute Skalierung handelt, man also Vergleichswerte benötigt. Dies können Marktmitbewerber sein, aber auch verschiedene Zustände und Iterationsgrade der zu überprüfenden Dienstleistung.
Beim System Usability Scale handelt es sich um eine Methode die Usability, also die Gebrauchstauglichkeit eines Untersuchungsobjektes auf einer absoluten Skala von 0 bis 100 über verschiedene Fragen zu beurteilen. Als Richtwert für eine gute Usability eines Untersuchungsobjektes wird der Wert 68 angegeben.
Wichtig ist, dass beide Methoden nicht isoliert eingesetzt werden sollten, da mit der Nutzung nicht klar wird, welche Usability-Probleme im Einzelnen vorliegen.
Usability Tests können ein weites Spektrum an Testsettings abbilden und auch die Bewertung von UX-Elementen beinhalten, je nachdem was die Fragestellungen sind und wie weit der Detailgrad des zu testenden Services oder Produkts ist. Ein solches Testverfahren sollte bei jedem gravierenden Iterations- oder Optimierungsschritt erfolgen und ist auch nicht mit dem Roll-out beendet. Mit der Durchführung von Testbatterien kann die beständige Annahme und Nutzerfreundlichkeit des Produktes/Services auch entlang des Product Life Cycles sichergestellt werden.
Begleitet wird ein solcher Usability Test oftmals mit der Thinking-Aloud-Methode, bei der der Nutzer seine Gedanken und Gefühle während der Nutzung offen ausspricht. Begleitet wird ein solcher Test oftmals mit der Nutzung von EyeTracking, um später die Blick-, Informationsaufnahme- und Interaktionsauswertung auf einzelne Elemente auswerten zu können. Klassische Auswertungsformate bilden anschließend Heatmaps (Blickverweildauer) und Blickverfolgungsmuster, auch um zu sehen, welche Elemente eine hohe Aufmerksamkeit erzeugen, missverstanden werden und ggf. in der Interaktion als zentrale Elemente gar nicht wahrgenommen werden und somit zu Fehlerquellen werden können. Weiterhin kann bei UX- und Usabilitytests ein Live-Development-Team mitarbeiten und grafische sowie informationsspezifische Änderungen vornehmen, um Nutzerwünsche sofort umsetzen und neu testen zu können.