June 8, 2020
Die Additive Fertigung bezeichnet einen Prozess, bei dem auf der Basis von digitalen 3D-Konstruktionsdaten durch das Ablagern von Material schichtweise ein Bauteil aufgebaut wird. Immer häufiger wird der Begriff 3D-Druck als Synonym dafür verwendet – Additive Fertigung meint jedoch ein professionelles Produktionsverfahren, das sich deutlich von konventionellen, abtragenden Fertigungsmethoden unterscheidet. Anstatt zum Beispiel ein Werkstück aus einem festen Block herauszufräsen, baut die Additive Fertigung Bauteile Schicht für Schicht aus Werkstoffen auf, die als feines Pulver vorliegen. Als Materialien sind unterschiedliche Metalle, Kunststoffe und Verbundwerkstoffe verfügbar.
Diese Fertigungsmethode findet unter anderem im Rapid Prototyping Verwendung – dem Bau von Anschauungs- und Funktionsprototypen. Produktentwicklung und Markteinführung lassen sich dadurch entscheidend verkürzen. Mittlerweile hält die Additive Fertigung auch zunehmend Einzug in die Serienfertigung. Sie eröffnet großen OEM-Herstellern aus unterschiedlichsten Industriezweigen die Möglichkeit, sich am Markt zu differenzieren – im Hinblick auf neue Kundennutzen, Kostenreduktionspotenziale oder zum Erreichen von Nachhaltigkeitszielen.
Die Additive Fertigung zeigt dort ihre Stärken, wo die konventionelle Fertigung an ihre Grenzen stößt. Die Technologie setzt an den Stellen an, an denen Konstruktion, Design und Fertigung neu durchdacht werden müssen, um Lösungen zu finden. Sie ermöglicht einen design-driven manufacturing process, bei dem die Konstruktion die Fertigung bestimmt und nicht umgekehrt. Darüber hinaus gestattet die Additive Fertigung höchst komplexe Strukturen, die gleichzeitig extrem leicht und stabil sein können. Sie gewährt ein hohes Maß an Designfreiheit, Funktionsoptimierung und -integration, das Herstellen kleiner Losgrößen zu angemessenen Stückkosten und eine starke Individualisierung von Produkten sogar in der Serienfertigung.
Bei der Additiven Fertigung wird ein Bauteil anhand einer 3D-CAD-Datei erzeugt. Es gibt Verfahren, bei denen das zu erzeugende Bauteil direkt in allen drei Raumrichtungen gefertigt wird. In der Regel erfolgt die Fertigung jedoch schichtweise, indem zunächst eine Ebene des Bauteils gefertigt wird. Über das Hinzufügen weiterer Schichten in der dritten Raumrichtung entsteht das dreidimensionale Bauteil. Durch Aufschmelzen oder chemische Aushärteprozesse wird ein Stoffzusammenhalt geschaffen, bevor die nächste Schicht aufgetragen wird. Die Bauteile können je nach Ausgangsstoff und Anwendung mit Stereolithografie, Laser-Sintern oder 3D-Druckern gefertigt werden.
Additive Manufacturing bietet zum einen viele Möglichkeiten im Bereich der Schadenabwicklung, denn der Versicherer schafft es mit dieser Technologie, beschädigte oder zerstörte Teile in kürzester Zeit individuell für den Nutzer anfertigen zu lassen. Vor allem im Rahmen von KFZ-Versicherungen kann das Unternehmen so eine Mobilitätsgarantie bieten, bei der ein Fahrer nicht mehr wochenlang auf seine Einzelteile wartet, sondern die Teile werden unterwegs on demand gefertigt. Das ermöglicht einen Wettbewerbsvorteil. Außerdem zieht auch der Versicherer einen Nutzen daraus, denn Kosten für teure Originalteile entfallen.
Diese Faktoren sind auch für den Oldtimer-Markt von Vorteil: Liebhaber von alten Autos haben immer größere Probleme, Ersatzteile für die Fahrzeuge zu beschaffen. Der 3D-Druck eröffnet neue Möglichkeiten: Schnell und kosteneffizient können Bauteile produziert werden. Eine spezielle Oldtimer-Versicherung mit diesem Angebot findet mit Sicherheit zahlungsbereite Kunden. Natürlich gilt es hier zu analysieren, welche Bauteile unterschiedlichsten Parametern gerecht werden müssen, um in verschiedenen Fahrzeugkomponenten genutzt zu werden.
Generell erfährt die Additive Fertigung mit ihren Vorzügen im Rahmen der Kundenzufriedenheit zahlreiche Einsatzmöglichkeiten: Bei Schäden am Haus kann rasch ein Ersatzteil bereitgestellt und damit dem Kunden schnell und kostengünstig geholfen werden.
Daher sollte sich die Assekuranz mit der Frage beschäftigen, wie diese Bauteile entwickelt, gestaltet und verkauft werden können – und zwar möglichst dezentral, um viele Kunden zu erreichen. Die damit verbundene Förderung und Bereitstellung von mobilen Fertigungsplattformen bietet ebenfalls Potenzial, die diese Technologie mit sich bringt. Spezielle auf Additive Manufacturing ausgerichtete Ersatzversicherungen oder Produktversicherungen könnten ebenfalls ins Portfolio der Versicherer aufgenommen werden und ein Alleinstellungsmerkmal bieten.