June 24, 2022
Nachdem es im ersten Teil des Gastbeitrags Roadmap to Digital Business Excellence von Marco Englert und Harry Holzhäuser von der Haftpflichtkasse um die Bereiche Marketing und Innovation ging, widmen sich die beiden im folgenden zweiten Teil den Faktoren Integral Marketing, Big Data und Customer Centricity.
Es wird immer wichtiger alle Marketingaktivitäten in eine Richtung zu lenken und ein umfassendes, ganzheitliches bzw. integriertes Marketing (Integral Marketing) im Sinne eines Total Marketing Managements (TMM) bzw. einer markt-, kunden- und mitarbeiterorientierten Unternehmensführung zu betreiben. Umfassend bzw. ganzheitlich umgesetzt bedeutet, dass die Abstimmung und Vernetzung aller Maßnahmen die zentrale Marketingphilosophie bildet, bei der der Kunde im Mittelpunkt steht.
Es ist das Ziel, alle Marketingaktionen im Sinne einer ganzheitlichen Orchestrierung der Marketing-Instrumente aufeinander abzustimmen und das Gesamtverhalten des Unternehmens nach einer Auswertung aller betriebswirtschaftlich relevanten Impulse und Perspektiven der Stakeholder nachhaltig zu steuern. Dazu muss das Unternehmen alle Aktivitäten in einen Gleichklang bringen, mit einer Stimme sprechen (One Voice) und Synergien optimal zu nutzen. Das bedeutet, dass alle Mitarbeiter im Unternehmen als eine Einheit auftreten, ein einheitliches Bild vom Unternehmen und der Marke vermitteln und die gleichen Ziele verfolgen. Es gilt die Einwirkung aller Abteilungen auf den Kunden zu koordinieren und ein Kundendenken als zentrale Säule zu integrieren. Dazu müssen alle Funktionen der Unternehmung dem Marketing untergeordnet werden.
Über alle Marketingaktivitäten hinweg bedarf es klarer Rahmenvorgaben, Zielformulierungen und einer abgestimmter Strategie. Der Prozess von der Positionierung über die Strategiebildung und die Umsetzung des integrierten Marketings bis hin zum (Brand)Controlling ist umso komplexer je mehr Stakeholder und Zielgruppen zu berücksichtigen sind. Im Marketing-Mix der 4Ps von Product, Price, Place und Promotion muss die Frage beantwortet werden, wie Social Media im Sinne eines nachhaltigen Dialogs integriert werden kann. Dies setzt sich eine Ebene darunter, z. B. im Kommunikationsmix (vgl. integrierte Kommunikation), fort. Besonderes Augenmerk sollte bei einem integrierten Marketingansatz mit Social Media auf das Relationship Marketing gelegt werden. Dadurch ergeben sich zahlreiche neue Möglichkeiten zur Kundengewinnung, Kundenbetreuung und zur Kundenrückgewinnung.
Ausgangspunkt für ein erfolgreiches Customer Relationship Management (CRM) sind die vier Grundziele im Kundenmanagement, denn auch im digitalen bzw. daten-gesteuerten Unternehmen stehen die Kunden und das Management der Kundenbeziehung im Zentrum:
Der steigende Wettbewerb über alle Verkaufs- und Kommunikationskanäle macht es zunehmend wichtiger, Bestandskunden langfristig zu binden. Für viele Unternehmer ist der sogenannte Customer Lifetime Value (CLV) daher eine wichtige Größe für die Rentabilitätsberechnung. Der CLV beschreibt den Wert des Kunden über die gesamte Geschäftsbeziehung. Kundenbeziehungen sind oftmals in Kalkulationen erst nach der ersten oder gar zweiten Bestellung rentabel. Händler profitieren deshalb umso mehr von einer nachhaltigen Bindung, denn sie ermöglicht eine optimale Monetarisierung über den gesamten CLV hinweg.
Kunden wünschen sich heute ein persönliches, unkompliziertes Einkaufserlebnis, das über sämtliche Kanäle - mobil, online, am Telefon oder vor Ort - durchgängig und konsistent funktioniert. Deshalb benötigen Unternehmen heute für personalisierte Kundenerlebnisse eine zentrale, durchgängige Plattform, auf der sämtliche Daten aus sozialen Netzen, E-Mails, Apps, Kundengesprächen etc. zusammenlaufen. Diese Daten sind die Basis für wirksame personalisierte Marketingkampagnen, denn nur dann können Unternehmen die richtigen Kunden zur richtigen Zeit über den richtigen Kanal mit den richtigen Inhalten gezielt erreichen.
Um eine hohe Beziehungsqualität (Relationship Quality) und breite Vernetzung zu erzielen, ist das Management von hochwertigem, relevantem Content (vgl. Content Audit) sowie einzigartigen Erlebnissen essentiell. Gleichzeitig ist die intelligente Nutzung von Daten und deren Analyse zur Segmentierung und personalisierten Ansprache sowie für die Erfolgs- und Effizienzmessung entscheidend. Mit den modernen Technologien ist die präzise Ansprache jedes einzelnen Kunden im Sinne eines Präzisionsmarketings (Precision Marketing) auch im E-Commerce keine Zauberei mehr.
Die Reise in die neue digitale Zukunft hat erst begonnen und der Chief Marketing Officer (CMO) kann hier als Transformer in Chief der Designer und Motor sein. Denn Marketing ist das A & O für eine konsequente strategische Unternehmensentwicklung. Es ist essentiell, dass nicht nur eine klare Vision für den Soll-Zustand existiert, sondern auch eine klare Roadmap für eine schrittweise Umsetzung der geforderten Anpassungen. Denn wer den richtigen Schritt zum falschen Zeitpunkt macht, gerät trotzdem ins Stolpern. Jede Art agiler Veränderung, digitaler Transformation oder nachhaltiger Reorganisation und Evolution ist ein menschlicher bzw. sozialer Prozess, ist Emergenz. Die Bedeutung des Marketings in Unternehmen nimmt weiter zu und ist auf die gestiegene Macht des Kunden in Zeiten der Digitalisierung zurückzuführen.
Unternehmen müssen ihre Interaktion mit dem Kunden verändern bzw. optimieren. Denn Kunden nehmen heute über viele verschiedene Kanäle und Geräte mit Unternehmen Kontakt auf – vom Telefonat mit dem Customer Service bis zur E-Mail an den Sales Manager. Das bedeutet: Marketing, Service und Vertrieb interagieren mit ein und denselben Kunden. Daher ist es wichtig, dass diese Abteilungen Zugang zu den gleichen Kundendaten und Informationen haben. Marketer bezeichnen diesen Idealzustand als 360-Grad-Sicht auf den Kunden, welche nur dadurch erzielt werden kann, wenn alle Kundendaten über alle Geräte und Kanäle hinweg auf einer zentralen Plattform aggregiert werden. CMOs, die den Kunden in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken und die entsprechenden neuen Technologien im Unternehmen einsetzen, werden erfolgreicher sein.
Der erfolgreiche CMO versteht bzw. analysiert seine Kunden und lässt sie eine einzigartige Markenerfahrung erleben. Zusammen mit dem Vertrieb erschafft er ein perfektes Einkaufs-Erlebnis indem eine Markenbeziehung anhand einer Reihe von Echtzeitverbindungen über mehrere Berührungspunkte zum Unternehmen bzw. zum Produkt aufgebaut wird. Diese Berührungspunkte oder Vertriebskanäle können der Web-Shop, eine E-Mail, ein Social-Media-Kanal, persönliche Empfehlungen oder ein Laden sein.
Es reicht allerdings nicht mehr aus, Kunden nur zu beschallen. Herkömmliche Verkäufe, Dienstleistungen und Marketing-Werkzeuge sind zunehmend überholt. Sie sind einfach nicht in der Lage, die wachsende Nachfrage nach koordinierter kanalübergreifender Kundeninteraktion zu befriedigen. Unternehmen müssen mit ihren Kunden auf eine Einkaufsreise gehen. Damit sie das können, müssen die CMOs verstehen, was Kunden getan haben, was sie tun werden und was am wichtigsten ist, was sie gerade tun. Daher gewinnen Daten immer mehr an Bedeutung und machen einen umfassenden Ansatz für Unternehmen erforderlich.
Daten werden zunehmend wichtiger und kostbarer und sind das neue Gold im digitalen Zeitalter. Kundendaten gehen hier weit über reine E-Commerce-Transaktionen hinaus und besitzen eine große Sprengkraft. Denn die neue Qualität von Kundenerkenntnissen dient nicht nur der Quantifizierung oder Charakterisierung, sondern kann die gesamte Ausrichtung eines Unternehmens durch Einblicke in innerste Kundenbedürfnisse verändern. Neben den neuen Datenanalyse-Methoden setzen Unternehmen zunehmend auf digitale Kommunikations- und Absatzwege.
Marken agieren in einem transparenten und komplexen digitalen Umfeld, das jedem Verbraucher die sofortige Rückmeldung über Blogs oder Social Media Networks zu einem Produkt, Service oder Unternehmen ermöglicht. Diese Kommunikationsprozesse gilt es proaktiv und zielgerichtet in den Marketing-Mix einzubauen. CMOs benötigen diese Skills selbst und können digitales Marketing nicht (vollständig) outsourcen.
Leiter Unternehmensentwicklung & PMO bei der Haftpflichtkasse
Leiter Marketing und Unternehmenskommunikation bei der Haftpflichtkasse