May 13, 2022
Als systemischer Business Coach und Managementberater hat Marco Englert, Leiter Unternehmensentwicklung & PMO der Haftpflichtkasse und Verantwortlicher für die Zukunftsstrategie und Transformation, Erfahrung in der Begleitung von Entscheidungsträgern bei komplexen Fragestellungen. In seinem Gastbeitrag beschreibt er, wie die Zukunft von Organisationen durch Innovation und Transformation ganzheitlich gestaltet werden kann.
Exzellente Organisationen haben eine herausragende Fähigkeit, sich dem beschleunigten Wandel anzupassen, ihn zu gestalten.
— Marco Englert, Haftpflichtkasse
Veränderungen sind auf nahezu allen Dimensionen des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu beobachten – ob auf politischer, sozialer, ökologischer, wirtschaftlicher und technologischer Ebene. Es sind innovative Unternehmen gefragt, die nicht nur die Wertschöpfung für das eigene Unternehmen, sondern auch den nachhaltigen Wertbeitrag für die Gesellschaft im Blick haben. Organisationen, die bezüglich der übergreifenden Herausforderungen unserer Zeit mitdenken und im Rahmen ihrer Möglichkeiten Lösungsansätze anbieten.
Inmitten dieses neuen und disruptiven Wettbewerbs sind Organisationen auch mit Kostenstrukturen und Wertschöpfungsketten aus einer früheren Ära und mit tradierten organisatorischen Verstrickungen behaftet – die Konsequenzen für ein Transformationsprogramm können sehr herausfordernd sein. Transparenz, Kommunikation und authentische Führung bei der Überwindung dieser Hürden sind entscheidend. Die Rolle des Chief Transformation Officers (CTO) oder Chief Strategy Officers (CSO) ermöglicht hier einen vernetzten Ansatz für diese Herkulesaufgabe und berücksichtigt die hochgradig vernetzte Natur von Organisationen und überwindet sie.
Für einen erfolgreichen Wandel braucht es ein ganzheitliches Transformations- und Innovationsmanagement und die Verzahnung von Zukunft, Strategie und erfolgreicher Umsetzung bzw. Realisierung. Auf der strategischen Ebene geht es dabei um die Vision, Mission, DNA und Zukunftsbilder. Auf der taktischen Ebene um die konkreten Ziele und die dafür wichtigen Roadmaps. Auf der operativen Ebene um die konkrete Planung und deren Umsetzung.
Die hohe Bedeutung von Zukunfts-, Transformations- und Innovationsmanagement wird oft betont, doch in vielen Organisationen gibt es hier bislang kein geeignetes integriertes Führungs- und Managementsystem. Dabei schafft gerade dies Wandel, Perspektive, Sinn bzw. Orientierung.
Welches sind die zentralen Kräfte, die verändern, die Neues fordern? Es sind die Menschen, welche die Wirtschaft, die Gesellschaft und damit unseren Lebensraum gestalten. Exzellente Organisationen, haben erkannt, dass sie die Trends der Zeit sensibel aufnehmen müssen. Sie schauen auf Bedürfnisse, suchen aktiv nach Strömungen und deren Auswirkungen auf Märkte und Markteilnehmer. Sie antizipieren und interpretieren dies, um es für die eigene Strategie vorteilhaft einsetzen zu können.
Dabei sind zwei Fragen von existenzieller Bedeutung:
Wenn man nach wirksamen Lösungen sucht, wird klar, dass sowohl Mitarbeiter wie auch Kunden vermehrt das „große Ganze“ verstehen wollen.
Bei dem Verständnis und der Gestaltung des „großen Ganzen“, geht es immer auch um die Kultur des Unternehmens. Dabei wird man auf „Werte“ und Wertvorstellungen und die „Marke“, die „Identität“ bzw. „DNA“ stoßen. Und diese „Werte-Inventur“ ist spannend. Denn sie regt zum Nachdenken an: Welche Werte hat das Unternehmen und woher stammen sie? Sind die Werte klar – und wer kennt sie tatsächlich? Werden sie von allen gelebt oder sind sie nur Worte in einer Broschüre? Bietet diese Kultur Raum für Neugierde, Kreativität und Mut? Wohlwissend, dass wer nicht innoviert, früher oder später marginalisiert wird. Dabei schützt auch Größe nicht vor dem Scheitern, wie viele Beispiele zeigen. Gibt es ergänzend dazu aber auch eine bewusste „Fehlerkultur“?
Es ist Zeit für ein Umdenken. Die Transformation von Unternehmen war und ist die einzige Option, dem ständigen und beschleunigten Wandel in der modernen VUKA-Welt nachhaltig zu begegnen. Das frühere Change-Management, wo es primär darum ging, Menschen von A nach B zu führen, hat hier ausgedient. Um in der aktuellen Transformation, die von einer hohen Unsicherheit und Komplexität geprägt ist, Erfolg zu haben, ist es wichtig, die Mitarbeitenden von Anfang an aktiv einzubinden. Der Einbezug von Mitarbeitern und ein nachhaltiger Wertewandel innerhalb eines Unternehmens sind Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Transformation. Der gemeinsame Lern- und Identifikationsprozess – ob über abteilungsübergreifende Projektteams, Wettbewerbe oder ein internes Lab – steht dabei im Fokus.
Veränderungen verlangen von allen Mitarbeitern ein aktives Mitmachen, eine passende Haltung bzw. ein agiles Mindset. Mögliche Verhaltensänderungen und Kompetenzerweiterungen kosten aber einfach mehr Energie als bliebe alles beim Alten. Niemand gibt gerne Routinen bzw. alte Muster auf, die sich in der Vergangenheit möglicherweise sogar bewährt haben. Die Vergangenheit sollte hier vielmehr ein Sprungbrett als ein Sofa sein – und neue Lösungsräume eröffnen.
Zur Transformation gehören auch neue Rollen und Berufsfelder oder sogar Stellenabbau. Dabei sollte man – wenn immer möglich – denjenigen, die nicht mitgehen wollen, die man nicht mitnehmen kann bzw. die gehen müssen, rasch Klarheit verschaffen und sie auffangen. Für diejenigen, die bleiben, sind Veränderungen durchaus motivierend, wenn sie sich weiterentwickeln und lernen dürfen. Aber es gehört dazu, dass nicht alle den Weg der Veränderung mitgehen wollen oder können. Es ist zu kurz gegriffen, wenn man die Mitarbeiter nur bei der Hand nimmt. Man muss sich aktiv in neue Prozesse einbinden und Identifikation schaffen.
Führungskräfte befähigen als kulturelle Vorbilder ihre Mitarbeiter zu mehr Selbstwirksamkeit, stellen die Weichen zur abteilungsübergreifenden Vernetzung und bauen die Angst vor Fehlern ab. So werden die Mitarbeitenden selbst agiler und resilienter und damit auch das Unternehmen.
Der Kern eines zukunftsorientierten Ansatzes ist es, dass die Erfahrungen der Mitarbeiter zusammen mit Daten und Szenarien aus dem Foresight-Prozess als Inspiration für die Transformations- und Strategiearbeit dienen.
In jedem Zukunfts-, Transformations- und Innovationskonzept sind daher drei Dimensionen zu verbinden: die Strategie „Was soll entstehen?“, der Inhalt „Was wird geändert?“ und der Ablauf „Wie wird geändert?“. Die Gründe und das Gesamtbild für den Wandel sind nachvollziehbar darzulegen. Eine authentische Führung mit klaren Grundätzen, wie beispielsweise Verlässlichkeit, Verbindlichkeit und Wertschätzung ist in allen drei Dimensionen essentiell.
Es ist Zeit, die Welt und Organisationen neu zu denken. Es ist Zeit, Erfolg und Exzellenz neu zu definieren. Ein herausragendes Niveau in der Zukunftsausrichtung bzw. Zukunfts-, Transformations- und Innovationsfähigkeit - Veränderungs- und Anpassungsfähigkeit - definiert „Exzellenz“ und stellt einen nicht einfach kopierbaren Wettbewerbsvorteil dar – mehr als herausragende Qualität oder Preis-Leistung.
Es ist essentiell, gerade wenn man erfolgreich ist, weiter am Unternehmen zu arbeiten, um auch noch in Zukunft erfolgreich zu sein. Der eigentliche Schlüssel zum Erfolg liegt dabei in einem wirklich funktionierenden und im Unternehmen verankerten ganzheitlichen Zukunfts-, Transformations- und Innovationsmanagement, welches permanent Entscheidungskriterien erarbeitet, die dann bei so ziemlich jeder wichtigen Entscheidung im Unternehmen, als Grundlage und Rahmen dienen sollten.
Das Ziel des Transformations- und Innovationsmanagements eines Unternehmens sollte es sein, dass das jeweilige Management mit seinem Team in den entsprechenden Dimensionen ein gemeinsames Zukunftsbild entwickelt. Anhand dieses Zielbildes sollten operative Entscheidungen im Tagesgeschäft getroffen werden. Nur Entscheidungen die dem Unternehmen dabei helfen, dem gemeinsamen Zielbild näher zu kommen, sind sinnvolle Entscheidungen.
Ergebnis eines Transformations- und Innovationsmanagements sind beispielweise intelligente und zielgerichtete Entscheidungsvorlagen oder Teilstrategien für das Unternehmen, zum Beispiel in den Bereichen Organisation & Kultur, Kunde, Operations und Technologie, welche dann maßgeblich die gesamte strategische Ausrichtung des Unternehmens definieren. Wenn diese Erkenntnisse dann noch in eine Roadmap und ein entsprechendes Zielemanagement - zum Beispiel OKR oder BSC - übertragen werden, steht die eigentliche „Strategie“ fest und kann gemeinsam umgesetzt werden.
Ein Transformation-Management-Office (TMO) kann hier unterstützen und die entsprechenden Ziele, Initiativen, Programme und Projekte begleiten bzw. steuern. Hierdurch wird zum Beispiel vermieden, dass Entscheidungen, die isoliert für sich genommen sinnvolle Entscheidungen wären, aber keinen Wertbeitrag auf dem Weg zum Zielbild leisten, durch die klare Zielausrichtung anders ausfallen, als sie es würden, wenn das Zielbild unklar ist.
Ebenfalls kann ein Chief Transformation Officer (CTO) oder ein Chief Strategy Officer (CSO) sowohl als Brückenfunktion zwischen den einzelnen Unternehmensbereichen als auch zwischen der Zukunft, der Gegenwart und der Vergangenheit des Unternehmens fungieren - dieser Spagat ist wichtig und sollte achtsam vollzogen werden. Erst wenn es gelingt, dass Mitarbeiter und Führungskräfte die Kernidee einer transformatorischen Neuausrichtung verstehen und somit selbst in einfachen Worten erklären können, ist die transformatorische Idee gut und schlüssig. Eine solche „Storyline“ zu finden und überzeugend zu kommunizieren und zu verankern, ist oberste Verantwortung des CEOs und CTOs im Transformationsprozess.
Schlussendlich ist der CEO und die gesamte Geschäftsführung für die Transformation verantwortlich, nicht nur der CTO, der die Veränderungen treibt und orchestriert. Der wichtigste Punkt ist ein nachhaltiger Kultur- und Strukturwandel in der Organisation, der durch den CEO und das gesamte Führungsteam vorgelebt wird.
Um die Rolle des Personalmanagements im Kontext einer digitalen und nachhaltigen Transformation (Twin Transformation) besser zu verstehen und durch Erkenntnisse die Versicherungsunternehmen zukunftsfähig auszurichten, führt Marco Englert eine wissenschaftliche Studie zu diesem Thema durch.
Hierfür werden noch Teilnehmer gesucht, die für den wissenschaftlichen Teil ihr Unternehmen anonym bewerten. Du hast Lust, das Projekt zu unterstützen? Dann nimm doch an der Studie teil!