August 6, 2021
Kreativität und Innovationsfähigkeit hängen von verschiedensten Bedingungen ab und sind damit steuerbar. Im zweiten Teil des Interviews mit Dr. Katja Rudolph von den Digital Impact Labs Leipzig und Prof. Dr. Evelyn Kästner von der Hochschule Macromedia teilen sie die Erkenntnisse ihrer aktuellen Studie, wie Kreativität am Arbeitsplatz gefördert werden kann. Unter anderem sprechen die beiden darüber, wie Unternehmenskultur und Führungsstil die innovativen Potenziale beeinflussen können.
Katja: Wir haben zunächst gesehen, dass das Kreativitätspotenzial über alle betrachteten Branchen und Unternehmensgrößen hinweg gegeben ist. Innovatives Verhalten findet allerdings nicht nur dort statt, wo ein hohes Kreativitätspotenzial vorhanden ist, sondern braucht weitere Treiber. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass Arbeitnehmer mit steigendem Kreativitätspotenzial immer höhere Ansprüche an ein New-Work-orientiertes Arbeitsumfeld haben.
Evelyn: Wer also Menschen mit hohem Kreativitätspotenzial anziehen möchte – was ja eine der Grundvoraussetzungen für Innovativität ist – muss ihnen auch ein Umfeld mit viel individuellem Gestaltungsspielraum bieten, sowohl was organisationale Mitbestimmung und Arbeitsbedingungen betrifft als auch hinsichtlich der Fehler- und Führungskultur.
Die Jüngeren sind bereit, sich Anpassungsdruck stärker zu beugen, wünschen sich eine deutlich zentralisiertere Organisationsstruktur und haben mehr Angst vor Fehlern, was eine Führungskraft berücksichtigen und entsprechend darauf eingehen muss.
- Dr. Katja Rudolph
Katja: Grundsätzlich wünschen sich Arbeitnehmer zur eigenen innovativen Entfaltung ein selbstbestimmtes, flexibles, vertrauensbasiertes Arbeitsumfeld mit einer positiven Fehlerkultur. Die Ergebnisse zeigen weiterhin, dass flache Hierarchien sowie kollaboratives Problemlösen über Abteilungsgrenzen und Führungsebenen hinweg am stärksten mit innovativem Verhalten im Arbeitskontext zusammenhängen. So nutzen Personen mit hoher Innovativität verstärkt Austauschformate und benötigen mehr Autonomie hinsichtlich ihrer Arbeitsgestaltung.
Evelyn: Dafür müssen auch Räume geschaffen werden, sowohl zeitlich als auch physisch. Wenn Mitarbeiter nicht nur innovativ, sondern darüber hinaus auch noch zufrieden sein sollen, muss eine Führungskultur etabliert werden, die von Wertschätzung, Kommunikation auf Augenhöhe und individuellen Entfaltungsmöglichkeiten geprägt ist. Was definitiv nicht hilft, sind innovationsbasierte Belohnungssysteme.
Evelyn: Führungsebenen sind oft wie zähflüssige Lehmschichten, weshalb Mitarbeiter nicht selten das Gefühl haben, dass ihre Ideen ohnehin nicht nach oben durchdringen können. Aufgabe von Führungskräften ist es deshalb, Dialog zuzulassen, eine offene Fehlerkultur zu pflegen und hierarchieübergreifende Teams zusammenzustellen. Allerdings sollte nicht jeder gleich geführt, sondern der Hintergrund der jeweiligen Person berücksichtigt werden.
Katja: Junge Mitarbeiter (in unserer Studie die jungen Wilden) sind in ihrer Erwartungshaltung an ein innovationsförderliches Arbeitsumfeld beispielsweise überraschend konservativer als Mitarbeiter mit mehr Erfahrung (in unserer Studie erfahrene Pioniere). Die Jüngeren sind bereit, sich Anpassungsdruck stärker zu beugen, wünschen sich eine deutlich zentralisiertere Organisationsstruktur und haben mehr Angst vor Fehlern, was eine Führungskraft berücksichtigen und entsprechend darauf eingehen muss.
Evelyn: In einer durch feste Hierarchien geprägten Unternehmenskultur zementiert sich die eigene Führungsmacht durch das Wissen, das man hat und nur dosiert oder gar nicht nach unten weitergibt. Unsere Ergebnisse zeigen aber, dass innovatives Verhalten nur dort entstehen kann, wo über Führungsebenen, Silos und Abteilungen hinweg Menschen zusammenarbeiten. Dieses gemeinsame Machen muss gewollt und gefördert werden, damit neue Ideen entwickelt und neues Wissen generiert werden kann, das allen zugutekommt und letztendlich die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens erhöht.
Wie die beiden methodisch vorgegangen sind und welche Ergebnisse besonders überrascht haben, haben wir im ersten Teil des Interviews beschrieben. Klingt spannend? Die vollständige Studie steht zum kostenfreien Download hier zur Verfügung.