October 8, 2020
Ping An setzt bei der Ausbildung und beim Training auf die Unterstützung durch digitale Trainingsagenten und künstliche Intelligenz. Damit soll eine breite Ausbildung ermöglicht und gleichzeitig ein gewisser Qualitätsstandard sichergestellt werden. Hierfür investierte Ping An in ein Unternehmen, welches sich volldigitalisiert auf die Schulung und Weiterbildung spezialisiert und derzeit mit über einer Milliarde US-Dollar bewertet wird. iTutor setzt dabei auf verschiedene Module, wobei das Schulungsmodul, welches auf gestaltete, KI-simulierte Dialoge aus Kundensicht setzt, sicherlich am interessantesten ist.
Das Interesse von Ping An und Alibaba an einem digitalen, potenten, dezentralen und skalierenden Schulungssystem lässt sich nicht nur durch Covid-19 gut erklären und wird von den Beratern von Wills Towers Watson recht gut zusammengefasst:
Mass recruitment attempts are reaping high agency turnover and reduced agency quality.
Reuters Business News titelte bereits vor Jahren „Misselling risks grow with China‘s insurance sales army.” Allein in China wird das Versicherungsmarktvolumen für Privatkunden auf 290 Milliarden US-Dollar beziffert.
Unternehmen wie Ping An oder China Life Insurance setzen beim Kundenzugang auf persönliche Agenten-Netzwerke, die aber derzeit noch zu wenig Erfahrung und Wissen mitbringen, um eine adäquate und qualitativ hochwertige Versicherungsberatung oder Kundenservicebetreuung sicherzustellen. Auf der einen Seite soll der direkte Kundenzugang erhöht werden, um den Versicherungsmarkt bedienen zu können. Auf der anderen Seite fehlt es aber an qualifizierten Maklern und Vermittlern.
Die Lösung heißt also schulen, ausbilden, trainieren und Vertriebsmitarbeiter auf Provisionsbasis zu gewinnen und gleichzeitig Fehlberatungen und damit Rückerstattungsquoten zu verringern und die Kundenbindung zu erhöhen.
Die Einsatzpotenziale scheinen enorm. Bisher werden Nutzerdialoge nachgeahmt, die nicht statisch sind, sondern den einzelnen intelligenten Nutzer (Personas) nachahmen, der anschließend reagieren muss. Dies geschieht anders als in einem statischen Flussdiagramm mit einzelnen Prozessoptionen, um Kundenanliegen zu bearbeiten. Weiterhin kann man auch problematische Situationen trainieren, um auf kritische, reale Gespräche und Kunden vorbereitet zu sein und Lösungsstrategien zu testen. Dabei lernt das System kontinuierlich mit. Bisher geschieht dies noch dialogbasiert-textuell, aber spätestens mit Real Time Rendering und VR ergeben sich im höchsten Maße immersive Testszenarien. Dabei nutzt die iTutorGroup als Input für die KI-Systeme nicht irgendwelche Daten, sondern reale Interaktionen über die Kundenportale von Ping An.
Ein weiterer Effekt, der neben der Möglichkeit der Schulung einer großen Adressatengruppe mit kuratierten Schulungsinhalten besteht, ist die 24/7 Verfügbarkeit und damit sowohl die Steigerung der Qualität der Beratung als auch die signifikante Reduktion der Managementkosten.
Auch in Deutschlands Bereichen der Versicherungsbetriebe und des Kundenservices sind die erläuterten Anwendungsmöglichkeiten durchaus denkbar, um die Kundenzufriedenheit durch eine bessere Beratung und Lösung von Kundenproblemen zu erhöhen. Außerdem können kontinuierlich regulatorische Inhalte geschult und trainiert werden und das nicht nur im autodidaktischen oder frontalen Schulungskontext, sondern vernetzt und mit intelligenten, interaktiven, selbstlernenden und damit selbst- optimierenden Inhalten.
Aber auch in international tätigen Unternehmen ergeben sich neue Anwendungsfelder. Beispielsweise will Microsoft schlecht übersetzten Präsentationen und Ähnlichem durch eine Online-Übersetzungshilfe, die wohl ab Jahresende zum Standardleistungsumfang von Office 365 gehören soll, ein Ende machen. Das darin integrierte KI-basierte Sprachen-Tool soll 130 Sprachen sprechen können und übersetzt den Text von Präsentationen auf Knopfdruck in die gewünschten Zielsprachen. Der gesprochene Text wird als Untertitel in der gewünschten Sprache angezeigt. Microsoft Teams, ein Kooperationstool aus der 365-Familie, soll ebenfalls mit entsprechenden Übersetzungsfähigkeiten ausgerüstet werden, in diesem Fall für Chats, Telefonate und ähnliche unmittelbare Interaktionen. Aber auch Recherchetätigkeiten von Datenbanken oder Archiven können die selbstlernenden Systeme übernehmen.