May 14, 2021
Das Geschenk, sich durch Arbeit entwickeln zu können, ist eine erste wichtige Funktion von Arbeit.
- Carsten C. Schermuly, Professor für Wirtschaftspsychologie und New-Work-Experte
Einen Großteil unserer Lebenszeit verbringen wir damit, zu arbeiten. Die Frage danach, wie wir uns dabei fühlen, ist daher mehr als angebracht. Dieser Gedanke macht deutlich, warum New Work mehr als nur ein Trend ist, da die Veränderung hin zur neuen Arbeitswelt sich sowohl auf individueller, organisationaler und gesellschaftlicher Ebene positiv auswirken kann. Start-ups haben das Konzept von Arbeit von Anfang an neu gedacht und umgesetzt. Spätestens seit Pandemiebeginn ziehen traditionelle Unternehmen den jungen nach, um in digitalen Umgebungen handlungsfähig zu bleiben. Wer darüber hinaus erfolgreich sein will, muss umdenken und durch neue Arbeitsmodelle den Innovationsgeist der Mitarbeiter fördern.
Der Sozialphilosoph Frithjof Bergmann prägte den Begriff New Work bereits Mitte der Siebzigerjahre fundamental, als er das theoretische Konzept der neuen Arbeit entwickelte. Seine theoretischen Überlegungen lassen sich auf das heutige New-Work-Verständnis im Sinne der Arbeitswelt 4.0 übertragen. Bergmann unterscheidet zwischen Zweck und Mittel, wobei der Mensch früher als Mittel zum Zweck diente, indem er einen bestimmten Arbeitsschritt vollzog. Das neue Verständnis der Arbeit basiert jedoch darauf, dass die Arbeit zum Mittel für den Menschen wird, beispielsweise um sich persönlich weiterzuentwickeln oder sich selbst zu verwirklichen. New Work bedeutet also, dass Werte wie Freiheit und Selbstbestimmung in den Mittelpunkt rücken.
New Work ist die Arbeit, die ein Mensch wirklich will.
- Frithjof Bergmann, Sozialphilosoph
Bergmanns Konzept geht damit einher, dass Menschen zwar ein Bedürfnis nach Arbeit im Sinne der Ausübung gewisser Aufgaben haben, sich selbst dabei aber nicht vernachlässigen wollen. Trifft letzteres dennoch ein, so kann sich das negativ auf das psychologische Wohlbefinden auswirken. Ein Zielgedanke von New Work im heutigen Verständnis ist es also, Mitarbeiter zu stärken. Dies basiert auf psychologischem Empowerment, das in vier Dimensionen erlebt wird. Mitarbeiter haben das Bedürfnis danach, ihre Arbeitsweise als kompetent, bedeutsam, selbstbestimmt und einflussreich wahrzunehmen.
Es kommt auf die Kultur an. Wenn die Menschen einmal die Kraft ihrer eigenen Stimme entdeckt haben, sind sie nicht mehr aufzuhalten.
- Adam Grant, Professor für Organisationspsychologie
New Work ist die Antwort auf die bewusste Auseinandersetzung und die damit einhergehenden Anforderungen der arbeitenden Menschen, insbesondere der Generationen Y und Z, die Werte wie Nachhaltigkeit und Sinnhaftigkeit aktiv einfordern. Hierdurch gewinnt die Attraktivität des Arbeitsgebers an Bedeutung, was neben dem Erreichen jüngerer Generationen auch dem Fachkräftemangel vieler Branchen entgegenwirkt. Das Bestreben nach mehr Mitarbeiterzufriedenheit impliziert eine Annäherung an unternehmerische Ziele. Gründe hierfür sind der agile Rahmen, den New Work schafft, sodass die Innovationskraft aller Mitarbeiter gestärkt wird.
Nicht Maschinen, sondern Menschen sind die Innovationstreiber.
- Carsten C. Schermuly, Professor für Wirtschaftspsychologie und New-Work-Experte
Dem aktiven Innovationsmanagement wurde in Unternehmen zu lange wenig Bedeutung zugewiesen: Langjährig etablierte Prozesse wurden wiederholt, bis die wirtschaftliche Situation eine Veränderung erforderte. Durch wachsende Märkte, stetigen Informationsaustausch und damit verbundenen Wissenszuwachs ist es für die Existenzsicherung von Unternehmen notwendig, innovativ zu sein und zu bleiben.
New Work und das psychologische Empowerment begünstigten dabei das Innovationsverhalten der Mitarbeiter, indem sie infolge ihrer autonomen Arbeitsgestaltung kreativer denken. Die neue Arbeit wirkt sich auf alle Phasen des Innovationsprozesses positiv aus – von der Ideation bis zur Implementierung. Der Weg bis zur Umsetzung kann Zeit in Anspruch nehmen und Mitarbeiter werden vor Herausforderungen gestellt. Exemplarisch bedeutet dies in der Folge, dass sie den langen Weg bis zur Umsetzung der Innovation eher in Anspruch nehmen, wenn sie mit ihrer Arbeit zufrieden sind. Auch die Testung neuer Ideen kann in neuen Arbeitsumgebungen besser gelingen, da Freiheiten durch flexible Arbeitsgestaltungen und eine vorhandene Fehlerkultur eingeräumt werden. Fühlen sich Mitarbeiter autonom und bedeutsam, so wird deren Innovationsverhalten gesteigert [1]. New Work anzuwenden, wirkt sich also nicht nur positiv auf die Mitarbeiter aus, sondern auch auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Auch was externe Zielgruppen anbelangt, erweisen sich zufriedene Mitarbeiter als kundenfreundlicher und leistungsfähiger [2].
Steile Hierarchien mit autoritärem Führungsverständnis verhindern den Wissensaustausch. Auch funktionieren Kontrolle, Silodenken und befohlene Innovation ebenso wenig. Netzwerke, in denen jeder mit jedem im Austausch steht, entwickeln sich dynamisch. Sie sind nicht zu kontrollieren. Sie steuern sich selbst. Dies macht in vielen Arbeitsbereichen ein neues Zusammenarbeiten notwendig.
- Carsten C. Schermuly, Professor für Wirtschaftspsychologie und New-Work-Experte
Innovationen brauchen Freiraum für Ideen und diese basieren auf Wissen. New Work schafft Raum für abteilungsgreifenden Wissensaustausch, sodass komplexe Probleme gemeinsam gelöst werden können. Die rapiden Marktentwicklungen erfordern es, dass Unternehmen interne und externe Netzwerke zum Wissensaustausch schaffen, um innovativ zu sein und erfolgreich zu bleiben.
[1] Schermuly, C. C., Meyer, B., & Dämmer, L. (2013). LMX and innovative behavior: The mediating role of psychological empowerment. Journal of Personnel Psychology, 12, 132-142.
[2] Mathieu, J. E., Gilson, L. L., & Ruddy, T. M. (2006). Empowerment and team effectiveness: An empirical test of an integrated model. Journal of Applied Psychology, 91(1), 97-108.
Senior Manager Corporate Communications