March 17, 2020
Perry Rhodan, The Foundation Project, Die Tri-Solaris Trilogie oder Die Maschinen – Science Fiction Bücher beinhalten nicht selten geniale Ideen, die zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung oft völlig verrückt und abstrus erscheinen, Jahre später allerdings – wer hätte es gedacht – längst Realität sind. In der Science Fiction Literatur stecken viele Möglichkeiten für die Welt von morgen, Publikationen dieses Genres beinhalten eine schiere Unendlichkeit an Szenarien, wie die Zukunft gestaltet sein kann. Warum sollte man diesen Input also nicht auch im Innovationsprozess für die Entwicklung neuer Produkte oder Services nutzen?
Diese Frage haben auch wir uns gestellt. Und genau aus diesem Grund wirken wir auch an dem EFRE-Projekt Produkte und Produktionsprozesse der nahen Zukunft mit, welches innerhalb der SektionFuture Life von der Phantastischen Bibliothek Wetzlar durchgeführt wird. Mit Vertretern anderer Unternehmen arbeiten wir in Cross Industry Teams zusammen und nutzen für die Erstellung von Zukunftsszenarios die Methode des Science Fiction Prototyping.
In einem ersten Workshop haben wir zunächst relevante Texte aus der Science Fiction Literatur ausgewählt, gesichtet und darin aufgefundene innovative technologische Ideen mit ihrem Kontext in einer Datenbank erfasst. Mit Hilfe von Science Fiction Autoren werden diese Konstrukte in Kurzgeschichten, bestehend aus Produkten, Technologien, Welten, Gesellschaftsformen, Ökosystemen und Protagonisten gewandelt, um ein schlüssiges Gesamtbild zu erzeugen – Prototypen der Zukunft sozusagen. Es entsteht also ein umfassendes Szenario verknüpfter Technologien, das sowohl Querschnittsdarstellungen als auch Objekt- und Technologiebeschreibungen spezifischer Branchen enthält. Die narrativen Zukunftsszenarien können schließlich als Input für weitere Innovationsprozesse verwendet werden. Die Besonderheit der Methode Future Life ist, dass neue Ideen aus sehr unterschiedlichen Kontexten herangezogen und korreliert werden, die Novitäten und neue Sichtweisen darstellen. Ungewöhnliches, technologisch noch nicht Ausgereiftes, auch scheinbar Verrücktes wird dabei nicht ausgelassen.
Science Fiction folgt einer einfachen, aber klaren Formel:
Science Fiction (Utopie oder Dystopie) = wissenschaftliche Prinzipien + Exploration in die Zukunft und das Storytelling
Dabei ist das Gesamtbild entscheidend, um zu erkennen, wie sich die Gesellschaft, also einzelne Lebenswelten, beschreiben lassen. Hier spielen Personas „aus“ der Zukunft eine ebenso wichtige Rolle, wie der gesamte Nutzungskontext der Entwicklungen.
Gerade vor dem Hintergrund, dass Produktion und Produktionsprozesse derzeit einem rasanten Wandel unterliegen und sich durch neue Technologien das wirtschaftliche Umfeld in großem Maß verändert, ist es wichtig, dass komplexe Zusammenhänge im Blick behalten werden – auch, um Schritte in diese unsichere Zukunft gehen zu können.
In einem weiteren Workshop, der in der zweiten Hälfte dieses Jahres stattfinden wird, werden dann von den Science Fiction Autoren die Kurzgeschichten vorgestellt und auf Plausibilität geprüft. Daraus werden sich dann Handlungsfelder für die verschiedenen, teilnehmenden Industrien ergeben.
Die Phantastische Bibliothek Wetzlar verwaltet und pflegt die weltweit größte öffentlich zugängliche Sammlung phantastischer Literatur mit einem Buchbestand von über 291.000 Titeln – unter anderem zu Genres wie Science-Fiction, Fantasy, Horror, Märchen, Mythen oder Reise- und Abenteuerliteratur. Die Sammlung ist in ihrer Vollständigkeit moderner spekulativer Literatur einzigartig. Neben diesem außergewöhnlichen Gesamtbestand hält die Phantastische Bibliothek Wetzlar außerdem ausgewählte Literatur aus weiteren Themengebieten bereit. So bietet sie beispielsweise für jüngere Leser eine große Kinderbuchauswahl an.